Ökolumne

Abgase und Fahrverbote

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Die „Initiative“, die von 107 Lungenärzten unterschrieben wurde, ist von zwei Lungenärzten geschrieben worden und von zwei Ingenieuren, die bereits früher mit seltsamen Vergleichen die Betrügereien der Motorentwickler rechtfertigten. Das sind Wissenschaftler, die als Lobbyisten der Autoindustrie vor der Europawahl agieren. Diese „Initiative“ passt gut zum Parteitagsbeschluss der CDU, der „Deutschen Umwelthilfe“ die Gemeinnützigkeit zu entziehen, so wie es der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bereits bei Attac versuchte. Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war von ihr begeistert.

Tatsache ist, dass im Abgas eines Ottomotors kein Restsauerstoff vorhanden ist, sodass kein Stickoxid entsteht. Die Gerichtsentscheidung, dass Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ohne SCR-Kat zulässig sind, ist eine Folge der Tatsache, dass Diesel-Pkw im innerstädtischen Bereich für 73 % der verkehrsbedingten Stickoxid-Emissionen verantwortlich sind. Mit SCR-Katalysatoren lassen sie sich zu 90 % abbauen. Die Nachrüstung von Diesel-Pkws wird von der Industrie jedoch aus Kostengründen verweigert und bekämpft.

Stickoxide sind Reizgase, die zu Entzündungen führen können – und zu langfristigen Gesundheitsschäden. Nachgewiesen ist, dass Menschen, die an verkehrsreichen Straßen leben, häufiger Lungen- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben. Vor allem sind Stickoxide die Vorläuferstoffe für die Ozonbildung. Ozon tritt auch bei Smog und an heißen Tagen auf und ist krebsauslösend. Es handelt sich bei dem kritisierten Grenzwert von 40 µg/m3 um einen langfristigen Mittelwert. Es fließen also viele Stunden in das Messergebnis ein, in denen die Werte sehr niedrig sind. Als Stundenmittel sieht die EU-Richtlinie einen Höchstwert von 200 µg/m3 vor.

Feinstaub dagegen entsteht bei ganz vielen verschiedenen Prozessen, unter anderem in der Industrie, bei der Energieerzeugung, im Verkehr und in der Landwirtschaft, auch beim Abrieb von Bremsbelägen und Reifen. Er ist viel schwerer zu messen und einer konkreten Ursache zuzuordnen. Die derzeitigen Grenzwerte sind nicht akzeptabel. Sie schützen die Bevölkerung nur unzureichend.

In Verbrennungsmotoren mit gasförmigen Kraftstoffen wie Erdgas oder Wasserstoff entsteht kaum Feinstaub. Diese Motoren müssen nur stärker gekühlt werden, damit sie lange halten. Trotzdem fördert der Staat die Infrastruktur mit Erdgas- und Wasserstofftankstellen zu wenig. Die Erdgassubvention wurde abgeschafft. Deshalb kauft auch kaum jemand so ein Fahrzeug.

Abgase von Großfeuerungsanlagen werden in der Regel über hohe Schornsteine abgeleitet und deshalb viel stärker verdünnt als solche aus bodennahen Quellen. Die größte Belastung lässt sich an großen Straßen und in Häfen messen. Beim Verbrennen von billigem Schweröl in Schiffsmotoren entsteht Feinstaub, der viele krebserregende und entzündungsfördernde Stoffe enthält. Unter anderem werden die Atemwege empfindlicher für Allergien. 10 % der Kinder und 5 % der Erwachsenen leiden heute unter Asthma-Erkrankungen.

Besonders gefährlich ist der Teil des Feinstaubs, der aus ultrafeinen Partikeln (kleiner als 0,1 µm) besteht, die über die Lunge tief in den Körper eindringen. Sie können mit dem Blutkreislauf in alle Organe transportiert werden. Dadurch sind vor allem die Blutgefäße und das Herz in Gefahr. Auf Dauer können die Partikel dort zu chronischen Entzündungen führen und Krebs, Arteriosklerose, Herzinfarkt sowie Schlaganfall auslösen. Der Ultrafeinstaub entsteht besonders in Motoren mit hohem Einspritzdruck. Modernere Motoren geben daher eine höhere Feinstaub-Belastung ab. Deshalb hat die Feinstaubbelastung durch die Einführung von „Umweltzonen“ in den Städten besonders stark zugenommen.

Es ist unverzichtbar, an den EU-Stickoxid-Grenzwerten festzuhalten, aber auch die Feinstaubemission im Straßenverkehr zu reduzieren.