Stimmenanteile der Parteien nach der Landtagswahl 2022 im Saarland

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Wahlprüfungsbeschwerde zur Landtagswahl im Saarland 2022

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ÖDP im Saarland ist besorgt um Glaubwürdigkeit der Demokratie

Als am 27.03.2022 die Wahllokale im Saarland um 18 Uhr schlossen, ahnte man noch nicht, welche Besonderheiten die Auszählung der Stimmen zur Wahl des saarländischen Landtags 2022 hervorbringen würde. Grüne, FDP und Linke verpassten den Einzug in den Landtag, lediglich SPD, CDU und AfD erhielten Stimmenanteile oberhalb der Sperrklausel von 5 % und damit Mandate. Die SPD erhielt aufgrund der niedrigen Wahlbeteiligung von nur 61,4 % bereits mit 43,5 % der abgegebenen Stimmen (was aber lediglich 26,4 % der Wahlberechtigten bedeutete) die absolute Mehrheit der Sitze. Negativrekord stellte jedoch der außerordentlich hohe Anteil an unberücksichtigten Stimmen mit rd. 22,3 % dar (siehe Grafik). Die Zusammensetzung des saarländischen Landtages bildete damit die Vielfalt des politischen Spektrums in der saarländischen Wählerschaft nur sehr unvollkommen ab. Auch der Verein „Mehr Demokratie e.V.“ hat diesen Negativrekord angemahnt (Pressemitteilung vom 28.03.2022).

 

Wahlanfechtung und Wahlprüfungsbeschwerde zurückgewiesen

Nach einer Anregung von Dr. Björn Benken und seinem Angebot an den Landesverband, einen Einspruchs-Text zu verfassen, war man sich in der ÖDP Saar schnell einig, dass man eine Wahlanfechtung bei der Landeswahlleiterin einreichen wird. Zwei Mitglieder aus dem Vorstand übernahmen die Antragstellung. Dreh- und Angelpunkt der Argumentation war der Umstand, dass die 5-%-Sperrklausel – die seit 2016 in der Verfassung des Saarlands festgeschrieben ist und sich damit der unmittelbaren einfachgesetzlichen Änderung durch den Landtag entzieht – eine Einschränkung der Wahlgleichheit darstellt, dass jedoch gleich-geeignete mildere Mittel (wie z.B. die „Ersatzstimme“) existieren, die den Spagat zwischen der Integration des politischen Willens und dem Erreichen stabiler Mehrheiten im Parlament ermöglichen. Bereits knapp sechs Wochen nach Einreichung lehnte der Landtag die Wahlanfechtung ab. Daraufhin verfolgten die Antragsteller ihr Ziel durch eine Wahlprüfungsbeschwerde beim Verfassungsgerichtshof des Saarlands weiter; die juristische Vertretung übernahm ab September 2022 Prof. Matthias Rossi aus Augsburg. Nach Stellungnahmen des Landtages und der Landesregierung und den entsprechenden Antworten darauf erging am 04.07.2023 ohne mündliche Verhandlung die Zurückweisung der Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof des Saarlands. Die Dokumentensammlung ist beim Institut für Wahlrechtsreform umfänglich einsehbar.

 

Stimmenanteile der Parteien nach der Landtagswahl 2022 im Saarland
Politische Willensbildung und deren parlamentarische Repräsentanz nach der Landtagswahl 2022 im Saarland (Datenquelle: https://wahlergebnis.saarland.de/LTW/)

 

ÖDP im Saarland kämpft für politische Integration

Basis der Demokratie sind Wahlen und der gemeinsame Glaube daran, dass durch Wahlen eine Willensbildung stattfindet, die zu einer handlungsfähigen Regierung führt. Zentrum der politischen Auseinandersetzung ist das Parlament. Einen Großteil der Bürgerinnen und Bürger hier außen vor zu lassen ist alles andere als politische Integration. Auch bei dem aktuell angewandten Wahlverfahren gibt es strenggenommen eine Stimmen-Weiterverteilung. Die sogenannten „unberücksichtigten Stimmen“ gehen nicht in dem Sinne verloren, dass die Sitze im Parlament verkleinert würden, sondern werden nach geltendem Wahlrecht ungefragt auf die Parteien übertragen, die die Sperrklausel übersprungen haben (siehe Grafik). Vor diesem Hintergrund stellt die Zurückweisung der Wahlbeschwerde eine verpasste Chance dar, das Wahlrecht zu reformieren und für eine bessere Einbindung aller politischen Positionen in unsere Parlamente zu sorgen und damit nachhaltig die Glaubwürdigkeit der Demokratie zu stärken (siehe hierzu die Pressemitteilung der ÖDP Saar vom 18.09.2023 und den Kommentar von Dr. Björn Benken) Viele Bürgerinnen und Bürger sehen sich möglicherweise daher bestärkt, radikale Parteien zu wählen (die teilweise sogar die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen), da sie anders keine Chance auf Veränderung sehen. Das gilt es zu verhindern, weswegen wir uns weiter für ein Ersatzstimmverfahren einsetzen werden.