Unsere Gesellschaft ist je nach Blickwinkel sehr unterschiedlich gespalten. – Foto: radex118/pixabay.com

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Stadt – Land – Spaltung?

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Und wieder wird über Spaltung geredet. Cem Özdemir sieht jetzt einen sich öffnenden Graben in der Gesellschaft entlang der Linie Stadt versus Land.

Wenn man überhaupt etwas von dem neuerdings vielbemühten Spaltungsmodell hält, dann fallen mir da ganz andere Gegensätze auf: z.B. Einsicht in Änderungsnotwendigkeiten auf der einen Seite und strikte Veränderungsabwehr auf der anderen. Auch die Bruchlinie zwischen einem stark materiell geprägten Glücksmodell und einer vielfältiger ausgerichteten Vorstellung vom guten Leben ist deutlich erkennbar. Beide Konflikt-Linien haben nichts mit dem Stadt-Land-Modell zu tun: Veränderungsverweigerer und Alltagsmaterialisten finden sich im Dorf wie in der Großstadt. Auch Transformationsfreundinnen und Anhängern nicht-materialistischer Wohlstandsmodelle begegnet man hier wie dort.

Es rächt sich jetzt, dass quer durch fast alle politischen Lager jahrzehntelang erzählt wurde, Veränderungen seien entweder gar nicht nötig oder könnten – wenn schon unvermeidlich – völlig schmerzfrei und mit Gewinn für alle gestaltet werden. Dieses Versprechen war niemals einlösbar. Es wird auch in der Zukunft nicht eingelöst werden können. Große Veränderungen stehen ins Haus – auch schmerzhafte. Sie zu leugnen macht alles nur noch schlimmer. Politik hat immer die Aufgabe, Veränderungsnotwendigkeiten zu erklären und in solidarischer Weise zu gestalten. Das Schwadronieren über Spaltungen hilft da nicht.

Wir brauchen vielmehr gut erklärte Gemeinschaftsprojekte. Die Gestaltung einer lebensfreundlichen Landwirtschaft ist so eine „Aufgabe für alle“. Dafür gibt es realistische Modelle, wie sie z.B. die „Borchert-Kommission“ vorgelegt hat. Leider hat sich dieses Gremium frustriert aufgelöst. Begründung: Zu geringe Resonanz in der Politik und bei einschlägigen Verbänden …