Prof. Niko Paech. Foto: Jessica Kratz.

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ÖDP-Veranstaltung mit Prof. Niko Paech in Lüdenscheid

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Claudius Bartsch vom ÖDP Kreisverband Märkischer Kreis. Foto: Jessica Kratz.

Prof. Dr. Niko Paech, weltweit eine „Lichtgestalt in der Postwachstumsdiskussion“ (Jury ZEIT WISSEN-Preis 2014), sprach am 5. April in Lüdenscheid auf Einladung der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), Kreisverband Märkischer Kreis, zu dem Thema: „Wohlstand ohne Wachstum – eine Frage des Lebensstils“. Am Beispiel Klimaschutz entlarvt Niko Paech „grünes Wachstum“ der Lüge: Das Gobalbudget bis 2050 beträgt ca. 750 Mrd. Tonnen C02-Emissionen. Bei derzeit ca. 7,3 Mrd. Menschen belaufen sich die jährlichen Pro-Kopf-Emissionen, bei globaler Gerechtigkeit, auf rund 2,5 Tonnen CO2. Ein Westeuropäer verbraucht pro Jahr rund 12,0 Tonnen CO2. Mobilität erzeugt heute pro Kopf die höchsten CO2-Emissionen. Bei einem Flug von Deutschland nach Neuseeland entstehen pro Kopf etwa 14,5 Tonnen CO2-Emissionen. Prof. Paech dazu: „Ob ein Mensch klimafreundlich lebt, hängt von seinen Flugreisen ab. Wer das individuelle CO2-Budget nicht als Rahmenbedingung jeder weiteren Entwicklung akzeptiert, will entweder keinen Klimaschutz oder keine globale Gerechtigkeit. Kann dieses Ziel in einer wachsenden Ökonomie erreicht werden?“

In Erwiderung an Ralf Fücks, Politiker von Bündnis 90/Die Grünen, der Paech als „grünen Pol Pot“ unqualifiziert herabgewürdigt hatte, stellt Paech heraus, woran „grünes Wachstum“ gescheitert sei: „Die lang gehegte Hoffnung, dass wirtschaftliches Wachstum durch technischen Fortschritt nachhaltig oder klimafreundlich gestaltet, also von Umweltschäden entkoppelt werden kann, ist längst an der Realität zerschellt.“ Auch in der sogenannten Energiewende werde eine „pure Techniküberschätzung“ vorgegaukelt. So lag der Primärenergieverbrauch 2016 in der Photovoltaik gerade mal bei 1,0 % Tonnen. Auch zeige die „Glücksforschung“, dass der Ressourcenverbrauch nicht nur ökologisch schädlich sei, sondern die Menschen auch psychisch überfordere. Es komme zur „Konsumverstopfung“ und zum „Konsum-Burn-out“, schon allein deshalb, weil Zeit, die wertvollste Ressource, nicht mehr zur Verfügung stehe. Die radikale Reduzierung von Ansprüchen sei daher kein Mangel, sondern Gewinn.

Prof. Niko Paech. Foto: Jessica Kratz.

 

Paechs Fazit: „Das derzeitige Wirtschaftsmodell ist unrettbar. Nicht Produkte sind nachhaltig, sondern nur Lebensstile.“ Niko Paech plädiert daher für den Rückbau arbeitsteiliger, geldbasierter und globalisierter Versorgungsmuster. Suffizienz (möglichst geringer Rohstoff- und Energieverbrauch) und Subsistenz (Selbstversorgung) sind Paechs Forderungen. Eine neue Balance zwischen Selbst- und Fremdversorgung, in regionalen Ökonomien, nicht in globalisierten Wertschöpfungsketten, sei auszubauen. Aus Konsumenten werden „Prosumenten“, die, z. B. durch Handwerk, Gemeinschaftsnutzung und Nutzungsdauerverlängerung, zur gemeinschaftlichen Versorgung beitragen.

Nach dem eineinhalbstündigem Vortrag vor 100 Besuchern folgte eine angeregte Diskussion. Niko Paech bleibt keine Antwort schuldig. In seinen Antworten macht er Mut, stiftet Zuversicht, den „ersten und kleinen Schritt“ anzufangen und zu gehen. Nicht bei dem „Weiter so“ zu bleiben, neue Wege zu beschreiten. Dann erfolge schrittweiser Wandel: zum Erhalt der Lebensgrundlagen.