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Bildung & Erziehung

„Sind das alles Ihre?“

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Mit dieser Frage sehen sich kinderreiche Familien häufig konfrontiert. Die Verwunderung darüber, dass Menschen drei oder mehr Kinder haben, ist auch darin begründet, dass es in Deutschland nur ca. 1,2 Mio. Familien gibt, die dieses Modell leben. Der im Jahr 2011 gegründete Verband kinderreicher Familien Deutschland e. V. (KRFD) ist angetreten, sich für die Wertschätzung und Bedürfnisse eben dieser Gruppe einzusetzen. Sein Motto: „Unsere Kinder – eure Zukunft“.

Wenn die Änderung des Baugesetzbuches die Wohnbedürfnisse von Familien mit mehreren Kindern explizit erwähnt (§ 1 Absatz  6 Nr.  2 BauGB), dann ist dies auch auf die Arbeit des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e. V. zurückzuführen. Ebenso ist es ein Erfolg, wenn eine Mitgliedsfamilie des Verbandes an einer Spiegel-Online-Reportage beteiligt ist, die mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet wird. Politische Arbeit und mediale Präsenz sind nur zwei der Aufgabenfelder, mit denen sich der Verband kinderreicher Familien e. V. für die Interessen der Mehrkindfamilie einsetzt. Dass es schön ist, viele Kinder zu haben, wissen die Menschen, die sich zur gegenseitigen Unterstützung und Durchführung von Projekten zusammengefunden haben. Schöner noch ist es, diesen Lebensentwurf aktiv in die Gesellschaft hineinzutragen und Verbesserungen zu fordern, die den speziellen Bedürfnissen von Familien mit vielen Kindern gerecht werden.

Mehrwert – ökonomisch
„Bekommt eine Familie mit zwei Kindern, mittlerem Einkommen und mittlerem Lebenslauf der Mutter ein drittes Kind mit mittlerem Bildungsstand, ergibt sich ein positiver gesamtfiskalischer Wert in Höhe von 58.700 Euro. Erreicht es sogar einen hohen Bildungsabschluss, liegt der Wert bei 448.500 Euro.“ So lautet das Ergebnis einer vom KRFD in Auftrag gegebenen Studie des renommierten IW Köln, die der KRFD im Herbst 2017 in der Berliner Bundespressekonferenz erstmals vorstellte. Dabei liegt es dem Verband fern, die kinderreichen Familien auf einen Geldwert zu reduzieren. Allerdings ist es in der politischen Kommunikation unerlässlich, auch mit belastbarem Zahlenmaterial argumentieren zu können. Die Studie hält auch fest, dass dann, wenn Kinder keinen berufsqualifizierenden Berufsabschluss erreichen, Mehrkosten für die öffentliche Hand entstehen. Daher folgert der Studienleiter Prof. Dr. Axel Plünnecke, Leiter des Kompetenzfelds Bildung, Zuwanderung und Innovation beim IW Köln: „Nur wenn es gelingt, allen Kindern aus Mehrkindfamilien eine gute Ausbildung zu ermöglichen, können diese ihre volkswirtschaftlichen Potenziale voll entfalten.“ Der KRFD sieht es als seine Aufgabe, dafür einzutreten, dass die entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür geschaffen werden.

Mehr Wert – gesellschaftlich
Familien mit vielen Kindern gibt es in allen Schichten der Gesellschaft. Und dort, wo viele Menschen gemeinsam leben, wo Geschwisterkinder jeden Tag gemeinsam mit den Eltern ihre Wünsche aushandeln und wo Ideen wachsen, wird das demokratische Verhandeln frühzeitig eingeübt. Durch ihren höheren Konsum und durch die zumindest stabilisierende Wirkung auf die Entwicklung der Gesamtbevölkerung tragen kinderreiche Familien ferner zur Sicherung des gesamtgesellschaftlichen Wohlstandes bei. Schließlich aber es ist die Freude, viele Kinder zu haben, die die Familien – gleich in welcher Partnerschaftsform – eint. Wichtig ist, dass dieser Mehrwert auch wahrgenommen wird. Da nach einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung der Geburtenrückgang der zurückliegenden Jahrzehnte zu 64 % auf den Rückgang der kinderreichen Familien zurückzuführen ist, haben diese kein Image, sondern ein Visibilitätsdefizit. Der KRFD betreibt daher seit mehreren Jahren eine aktive Öffentlichkeitsarbeit und vermittelt kinderreiche Mitgliedsfamilien, die sich zu Medienauftritten bereit erklärt haben, an Presse, Funk und Fernsehen. Die gerade im Wahljahr 2017 signifikant gestiegene Zahl an Berichten über Familien mit vielen Kindern und der kontinuierliche Anstieg der Medienanfragen an unseren Verband, bestätigen den KRFD in seiner Arbeit.

Professor Axel Plünnecke und die KRFD-Bundesvorsitzende
Dr. Elisabeth Müller bei der Übergabe der IW Gutachtens. Foto: Verband kinderreicher Familien e. V.

Mehr tun – an mehreren Stellen
Die Forderungen des Verbandes kinderreicher Familien Deutschland e.V. zeigen spiegelbildlich auf, wo Verbesserungsbedarf besteht: Ein Mehr an steuerlichen Entlastungen und die Weiterentwicklung des Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting sind wichtig, gerade auch um das Armutsrisiko kinderreicher Familien zu verringern. Dieses ist laut einer Studie der Prognos AG im Auftrag des BMFSFJ aus dem Jahr 2013 bei einer Paarfamilie mit drei Kindern gegenüber einer Paarfamilie mit zwei Kindern doppelt so hoch (8 % ➝ 16 %).
Da kinderreiche Familien weniger Rücklagen für die Altersvorsorge bilden können, fordert der Verband auch eine grundlegende Reform der Sozialsysteme, unter anderem die Einführung einer „Kinderrente“. Erschwinglicher und geeigneter Wohnraum für Familien ist ein weiterer wichtiger Punkt, insbesondere in Ballungszentren. Der KRFD fordert hier unter anderem einen finanziellen Ausgleich wie ein Baukindergeld sowie eine Festschreibung, dass mindestens 10 % der Vorhaben im Wohnungsbau mit 90 oder mehr Quadratmeter Wohnfläche realisiert werden. Auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie im Bereich „Bildung und Teilhabe“ – Stichpunkt: Bewilligung des Bildungs- und Teilhabepakets und BAföG für Familien ab 3 Kindern – hat der Verband spezifische Forderungen formuliert, die der besonderen Lebenswelt kinderreicher Familien Rechnung tragen.

 

 

Mehr tun – wo zuerst?
Die bereits erwähnte Studie des IW Köln hat auch die Bestimmungsgrößen für den Übergang zum dritten Kind betrachtet und festgestellt, dass vor allem junge Familien, in denen die ersten beiden Kinder in rascher Folge gekommen sind, eine hohe Wahrscheinlichkeit aufweisen, sich für ein weiteres zu entscheiden. Setzt man diese Faktoren in Verbindung zu einer Studie, die festgestellt hat, dass sich 30 % der Bürger im Alter zwischen 20 und 39 Jahren drei oder mehr Kinder wünschen (die aktuelle Zahl der Mehrkindfamilien entspricht ca. 10 %), dann wird deutlich, dass eine finanzielle Entlastung gerade jungen Familien helfen kann, sich für ein dritte s Kind zu entscheiden. Denn wer noch am Karriereanfang steht und sorgsam an Alter, Wohnraum und Ausbildung seiner Kinder denkt, braucht Vertrauen, um sich den Wunsch für das weitere Kind erfüllen zu können. Daher fordert der KRFD konkret 100 Euro mehr Kindergeld für das dritte Kind.

Mehr Kinder – mehr Zufriedenheit
In einer aktuellen Presseanfrage wurde unser Verband gefragt, welche Vorteile Familien genießen, die viele Kinder haben. Wir haben uns nicht nur darüber gefreut, dass diese Frage so gestellt wurde, sondern können auch mit einer weiteren Feststellung aus der IW-Studie antworten: Es sind die gesünderen
und zufriedeneren Mütter und Väter, die sich für viele Kinder entscheiden.


Seit seiner Gründung im Jahr 2011 konnte der parteilich unabhängige und konfessionell ungebundene KRFD über 25.000 Mitglieder gewinnen. Der Verband finanziert sich aus Spenden und freiwilligen Mitgliedsbeiträgen und lebt vom ehrenamtlichen Engagement seiner Mitglieder. Mehr über die Aktivitäten, Projekte und Beratungsangebote des KRFD erfahren Sie unter www.kinderreichefamilien.de.