Julian Assange sitzt in Haft, weil er geheime Dokumente über Kriegsverbrechen veröffentlichte. – Plakat: www.freeassange.eu

Demokratie & Recht

Ein starkes Zeichen für die Pressefreiheit

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Julian Assange wurde am Sonntag, 22. Oktober 2023, von der Berliner Akademie der Künste mit dem diesjährigen Konrad-Wolf-Preis geehrt. Da Assange seit mehreren Jahren im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh inhaftiert ist, nahm seine Ehefrau Stella Assange den Preis stellvertretend in Empfang.

von Günther Hartmann

 

Mit dem Preis zeichnete die Jury Julian Assanges Engagement für Pressefreiheit, Transparenz und Demokratie aus. Die von ihm gegründete Enthüllungsplattform „Wikileaks“ habe Kriegslügen und -verbrechen auf höchster staatlicher Ebene offengelegt, deren Ausmaß, Willkür und Brutalität gegenüber der Öffentlichkeit verschleiert oder verschwiegen worden wäre.

Am 5. April 2010 veröffentlichte Assange das 39-minütige Video „Collateral Murder“. Es zeigt US-Soldaten beim Töten vermeintlicher Kriegsgegner im Irak. Tatsächlich handelte es sich um unbewaffnete Zivilisten, darunter einige Journalisten. Desweitern veröffentlichte Assange unter anderem die Kriegsregeln der US-Armee sowie Kriegstagebücher aus dem Irak und aus Afghanistan.

Seither will ihn die US-Regierung wegen „Spionage“ vor ein US-Gericht bringen. Vor ein spezielles Gericht, in dem die Jury vornehmlich aus Mitarbeitern der US-Armee, der US-Geheimdienste und der US-Rüstungsindustrie bestehen würde. Assange drohen 175 Jahre Haft. „US-Präsident Joe Biden nennt ihn einen High-Tech-Terroristen“, berichtete der Dokumentarfilmer Thomas Heise in seiner Laudatio.

Seine drohende Überstellung an die USA würde weitreichende Konsequenzen für die Situation aller Journalisten weltweit haben. Mit Assange soll ein Exempel statuiert werden, um die „vierte Gewalt“ einzuschüchtern. Die Pressefreiheit ist massiv bedroht.

Die Akademie der Künste hat in den vergangenen Jahren die deutsche Bundesregierung und die politisch Verantwortlichen auf europäischer Ebene immer wieder aufgefordert, sich für die Freilassung Assanges einzusetzen – ohne Erfolg. Ihre Preisverleihung ist ein mutiges Zeichen für die Verteidigung der Pressefreiheit – gerade in einer Zeit, die immer mehr zu schlichtem Freund-Feind- und Schwarz-Weiß-Denken neigt.

 


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