Verkauf- und Infostand der Steuerungsgruppe „Fairtrade-Stadt Mainburg“ vor dem Bürgerbüro auf dem Marktplatz – Foto: Gerd Kern

Wirtschaft & Soziales

Bewusst konsumieren und reparieren statt wegwerfen

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Auf Initiative des ÖDP-Ortsverbands entstanden in der Stadt Mainburg zahlreiche commonsorientierte Aktivitäten und Projekte, darunter ein regionaler Bauernmarkt und ein Repair Café. Seit 2014 darf sich Mainburg zudem „Fairtrade-Stadt“ nennen, was bedeutet: Es hat sich verpflichtet, fairen Handel zu fördern. Das wirkt motivierend und lässt neue Aktivitäten entstehen.

Mehr als 60 Einzelhandelsgeschäfte, Gastronomiebetriebe, Kirchen, Schulen und Vereine in Mainburg unterstützen bereits die Initiative „Fairtrade-Stadt“. Vorausgegangen war ein einstimmiger Beschluss des Stadtrats. Mit der Idee rannte die Steuerungsgruppe bei vielen Bürgern und Geschäftsleuten offene Türen ein. Sie hatten schon lange erkannt, dass sie durch den Kauf von fairen Produkten einen wichtigen Beitrag für eine gerechtere Welt leisten und gleichzeitig biologische Erzeugnisse von hoher Qualität erhalten.

Der Hintergrund der Fairtrade-Initiative: Viele Bauernfamilien und Plantagenarbeiter in afrikanischen, asiatischen und südamerikanischen Entwicklungsländern leiden unter teils menschenunwürdigen und gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen sowie niedrigen Einkommen. Und oft müssen dort auch die Kinder arbeiten und können deshalb keine Schulen besuchen. Fairtrade ist eine Strategie zur Bekämpfung dieser Armut durch gerechtere Handelsbeziehungen jenseits der Kapriolen des Weltmarkts. Ökonomie, Ökologie und Soziales sind dabei die drei Säulen. Alle Produzenten und Händler müssen sich an bestimmte Standards halten – nur dann dürfen ihre Produkte mit dem Fairtrade-Siegel ausgezeichnet werden.

Fairtrade-Stadt

Um sich „Fairtrade-Stadt“ nennen zu dürfen, muss sich eine Kommune entsprechend zertifizieren lassen und fünf Kriterien erfüllen, die ihr Engagement für den fairen Handel auf verschiedenen Ebenen darlegen:
– Stadtrats- bzw. Gemeinderatsbeschluss
– Gründung einer lokalen Fairtrade-Steuerungsgruppe
– Angebot einer bestimmten Anzahl von Fairtrade-Produkten in Einzelhandel und Gastronomie
– Aktive Unterstützung durch die Zivilgesellschaft
– Aktive Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

In Deutschland überprüft dies der in Köln ansässige Verein „TransFair“. Seit 2009 tut er dies und hat den Titel „Fairtrade-Stadt“ bisher an insgesamt 580 Städte vergeben. Weltweit führen den Titel inzwischen über 2.200 Städte in 36 Ländern. Gegründet worden war die Initiative im Jahr 2001 in England.

Die Idee, dass Mainburg eine Fairtrade-Stadt werden könnte, kam mir 2013, als ich einen Artikel über die Fairtrade-Stadt Regensburg in der ÖkologiePolitik las. Zunächst stellte ich die Idee im ÖDP-Ortsverband vor und stieß auf große Zustimmung. Rasch bildete sich die Steuerungsgruppe, die seither mit viel Engagement, kreativen Ideen und pfiffigen Aktionen arbeitet. Inzwischen ist das Prinzip des fairen Handels in weiten Bevölkerungsteilen bekannt und viele lokale Akteure machen mit.

Wir sind auf verschiedenen Märkten übers Jahr verteilt mit Info- und Verkaufsständen präsent, der katholische Frauenbund schenkt Fairtrade-Kaffee aus und es gibt beim Mainburger Bürgerbüro ein von der Fairtrade-Steuerungsgruppe gestaltetes Schaufenster. Dazu kommen Aktionen wie Fairtrade-Rosen am Muttertag oder am Valentinstag. Eine örtliche Bank bietet Fairtrade-Goldverkauf an. Die Ideen gehen unserer Mainburger Fairtrade-Steuerungsgruppe um Sprecherin Elisabeth Krojer nie aus. Wichtig ist auch die gut laufende Pressearbeit, durch die Informationen über das Fairtrade-Prinzip verbreitet werden und ein Bewusstsein dafür in der Bevölkerung entsteht und gedeiht.

MAI Repair Café

Auch die Idee für das dann 2015 gegründete MAI Repair Café entstand im ÖDP-Ortsverband. Und auch sie hatte ein Vorbild: Ein Jahr vorher war im benachbarten Landshut ein Reparaturcafé entstanden. Da wir etwas gegen die Wegwerfmentalität unternehmen wollten und im Ort viele aktive Mitglieder haben, fiel die Entscheidung für eine Gründung nicht schwer. Dass die erfolgreich gelang, lag an den vielen Ehrenamtlichen, die ihre Freizeit sinnvoll gestalten wollen und von der Idee überzeugt sind. Vor der eigentlichen Gründungsversammlung führten wir eine Infoveranstaltung mit Gerda Ludwig vom Repair Café Landshut durch. Offiziell gegründet haben wir uns dann im Februar 2016 – als gemeinnütziger Verein mit vier ÖDPlern im Vorstand. Rund 40 Leute waren an jenem Abend da.

Mittlerweile sind wir auf 56 Mitglieder angewachsen. Das MAI Repair Café hat sich etabliert und ist aus Mainburg nicht mehr wegzudenken. Unsere Reparateure sind an den Reparaturnachmittagen, die derzeit zehnmal im Jahr stattfinden, mehr als ausgelastet. Aufgrund des großen Andrangs mussten wir 2018 sogar die Regelung einführen, dass pro Reparaturnachmittag jeder Besucher nur einen Gegenstand mitbringen darf. Zusätzlich zu den Reparaturnachmittagen haben wir kürzlich einen Mini-Flohmarkt für gebrauchte, aber noch funktionstüchtige Kleinelektrogeräte veranstaltet. Geplant ist, ihn künftig vierteljährlich durchzuführen.

Die Leute wollen nicht ständig Altes wegen kleiner Schäden wegwerfen und durch Neues ersetzen, werden dazu aber oft gezwungen, denn kleinere Reparaturen zu vernünftigen Preisen bietet der Handel kaum mehr an. Bei neueren Geräten lassen sich Reparaturen auch oft kaum mehr durchführen, weil diese so hergestellt sind, dass sie sich nicht öffnen lassen oder keine Ersatzteile zu beschaffen sind. Das MAI Repair Café hilft und den Leuten wird klar, wie sich unsere Konsumgesellschaft immer mehr zu einer Wegwerfgesellschaft entwickelt. Ergänzend bieten wir Vorträge an wie z. B. von Stefan Schridde aus Berlin, einem führenden Experten für geplante Obsoleszenz. So erreichen wir viele Menschen, schärfen deren Bewusstsein und regen sie an, die Dinge zu hinterfragen und genau hinzusehen.

Bauernmarkt

Einen Wochenmarkt mit einigen lokalen Händlern gibt es zwar in Mainburg, aber der von uns initiierte Bauernmarkt ist sehr viel größer. Auf ihm sind Bauern der gesamten Region vertreten und es gibt zudem ein attraktives Rahmenprogramm. Er findet einmal im Jahr im Herbst im Rahmen des bundesweiten „Tags der Regionen“ statt.

Die Idee des Bauernmarkts entwickelte sich aus meiner Idee eines Einkaufsführers für ökologische und auch konventionelle Direktvermarkter aus unserer Region, der Hallertau. 2011 erschien die erste Auflage, 2015 die zweite mit 44 Einträgen. An der dritten arbeitet der ÖDP-Ortsverband derzeit. Die in unserem Einkaufsführer aufgeführten Direktvermarkter auch auf einem Markttag der breiten Öffentlichkeit zu präsentieren – diese Idee hatte die ÖDP-Stadträtin Annette Setzensack. Gesagt, getan. Der erste Markttag fand bereits großen Zuspruch und so findet der Bauernmarkt nun alljährlich statt – heuer am 5. Oktober.

Von Jahr zu Jahr nehmen mehr Anbieter teil und kommen mehr Besucher. Die Resonanz ist also äußerst positiv und der Wunsch, jeden Monat einen Markttag zu veranstalten, wird immer häufiger an uns herangetragen. Doch auch wenn wir organisatorisch gut aufgestellt sind, können wir das leider beim besten Willen nicht leisten. Die Arbeiten dafür sind sehr viel umfangreicher, als mancher denkt. Die Planungen beginnen bereits im Frühjahr. Leistbar sind sie nur, weil wir ein gutes, motiviertes und inzwischen eingespieltes Team sind.

Fazit

Alle drei Projekte – Fairtrade-Stadt, MAI Repair Café und Einkaufsführer/Bauernmarkt – haben sich in der Stadt inzwischen etabliert und sind kaum mehr wegzudenken. Alle meine Mitstreiter haben eine organisatorische Routine erlangt, sind aber nach wie vor sehr motiviert – weil jedem die Wichtigkeit und Richtigkeit dieser Projekte klar ist.

Zwar entstanden alle drei Projekte aus dem ÖDP-Ortsverband heraus, doch agieren die Projekte „Fairtrade“ und „MAI Repair Café“ völlig eigenständig, unabhängig und überparteilich. Aber natürlich ist es ein offenes Geheimnis, dass aus der ÖDP die Ideen und die Macher stammen. So sind die Projekte sozusagen Teil einer „politischen Reformbewegung“ von unten. „Empört Euch! Engagiert Euch!“ lautet unser Motto. Es geht neben dem konkreten Machen auch immer darum, unsere Gesellschaft in Richtung Nachhaltigkeit zu verändern.

Neben der Empörung über das, was falsch läuft, brauchen wir konkretes Engagement, das bisher falsch Laufende positiv zu verändern – praktisch in der lokalen Umgebung, politisch auch auf allen höheren Ebenen. Dinge auf der lokalen Ebene zu verändern, ist wohl am einfachsten, weil man hier konkrete Projekte in Angriff nehmen und realisieren kann. Und dies sorgt dann für wirksame Impulse – zum einen vor Ort, zum anderen als Vorbild für Gleichgesinnte an anderen Orten.

So sind z.B. in unserem Landkreis nach dem Vorbild des MAI Repair Cafés inzwischen in Kelheim und Abensberg ebenfalls Repair Cafés gegründet worden – wobei wir die Kelheimer und Abensberger natürlich beraten und unterstützt haben. Ich bin in allen drei Repair Cafés unseres Landkreises Gründungsmitglied. Weitere Ideen sind gerne gesehen. Allerdings stoßen wir trotz 61 Mitgliedern, die unser ÖDP-Ortsverband inzwischen aufweist, an eine gewisse Grenze des Leistbaren. Nachahmer in anderen Regionen unterstützen wir aber gerne mit unserem Know-how und unseren Erfahrungen.


Onlinetipps

Mainburg – Fairtrade-Stadt
www.mainburg.de/index.php?id=4949,198

Kampagne Fairtrade Towns
www.fairtrade-towns.de

Fairtrade Deutschland
www.fairtrade-deutschland.de

MAI Repair Café
www.reparatur-initiativen.de/mai-repair-cafe
www.facebook.com/mai.repair.cafe/

Regionaler Bauernmarkt Mainburg
www.facebook.com/Regionaler.Bauernmarkt.Mainburg

Tag der Regionen
www.tag-der-regionen.de

 

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