Ständig von einem Schlaraffenland zu träumen, ist infantil und keine reife Daseinshaltung. – Bild: Frank_Rietsch/pixabay.com

Kompass Orange

Erwachsen werden!

Immer öfter hört man aus der Sozialwissenschaft diese These: Zum deutschen Lebensgefühl gehört es, ständigen Aufstieg zu erwarten. Was man sich heute nicht leisten kann, wird man sich morgen gönnen können. Was die Eltern nicht schaffen, wird die nächste Generation erleben. Und immer noch was Tolles dazu …

Allmählich erlebe aber auch die Mittelschicht, dass das nicht mehr klappt. Die Folge sei Unzufriedenheit. Die Parteien der Mitte versprächen zwar immer noch „Sicherheit und Fortschritt“. Sie bemühten sich, durch Schulden „neue Wachstumsdynamik“ auszulösen. Erfolge blieben aber aus und schon komme es zum Kurzschluss: „Wir sind keine Nazis, wir sind nur stinkig unzufrieden und wählen deshalb rechtsextrem!“

So also die soziologische Analyse. Therapieempfehlungen fallen schmal aus: Man brauche dringend ein neues „positives Narrativ“. Hier mein Versuch:

Punkt 1: Wir denken endlich erwachsen, machen uns ehrlich und legen den Glauben an das Wachstumsmärchen ab. Das ist doch ein tolles Projekt für Menschen mit Hirn und Anstand! Realistisch denken und mit den Träumereien vom „ewigen Mehr“ Schluss machen – weiß man doch, dass das nicht geht.

Punkt 2: Wir machen uns klar, dass wir bei Verzicht auf Schnickschnack nicht in Not versinken. Auch der Sozialstaat muss keineswegs geschrottet werden. Wir müssen halt unser Abgaben- und Steuersystem ändern und z. B. das Schonprogramm für Superreiche und Digitalkonzerne beenden.

Punkt 3: Wenn wir alle aufpassen und den Verführern nicht auf den Leim gehen, werden wir unsere bürgerlichen Freiheiten und die Menschenwürde als Grundlagen unseres Zusammenlebens erhalten können. Das sind Werte, auf die die allermeisten unserer Vorfahren verzichten mussten und die auch sehr vielen unserer globalen Zeitgenossinnen und -genossen vorenthalten werden.

Ob das als „positives Narrativ“ durchgeht?

 


 

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