Artenvielfalt bewahren - CITES COP 20 in Usbekistan: Manuela Ripa (ÖDP) ist Mitverhandlerin der Position des Europäischen Parlaments und Co-Leiterin von dessen Delegation

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Artenvielfalt weltweit schützen

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Die Menschheit ist mit einem sich dramatisch beschleunigenden Schwund der Artenvielfalt konfrontiert. Die Gründe dafür sind vielfältiger Natur: Der Verlust und die Zerstörung von Lebensräumen, die Übernutzung von Ressourcen, die Versiegelung und die Zerstörung von naturnahen Lebensräumen, die industrielle Landwirtschaft, die Ausbeutung von Arten sowie das Einschleppen invasiver Arten sind für Flora und Fauna eine große Bedrohung. Nicht zuletzt setzt der sich beschleunigende Klimawandel den Arten zu und auch eine in vielen Teilen der Welt stattfindende Wilderei. Umso wichtiger sind internationale Abkommen zum Schutz der Artenvielfalt. Das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES reguliert den internationalen Handel mit über 40.000 bedrohten Tier- und Pflanzenarten. Ohne dieses Abkommen wären viele Arten heute ausgerottet.
Ende November beginnt in Usbekistan die 20. Konferenz der CITES-Vertragsstaaten (COP 20), die darüber entscheidet, welche Arten neu über die Anhänge von CITES geschützt werden sollen.
Die EU hat mit ihrer Artenschutzverordnung eine rechtliche Grundlage für die einheitliche Anwendung der CITES-Regelungen in allen ihren Mitgliedsstaaten geschaffen.
Im Vorfeld der Konferenz ist es von großer Bedeutung, dass die EU sich auf möglichst strenge und verbindliche Forderungen einigt, um dem weltweiten Massensterben Einhalt zu gebieten. Als Mitverhandlerin der Position des EU-Parlaments für die CITES COP 20 setze ich mich für eine ambitionierte und klare Linie der EU ein: für wirksamen Artenschutz, konsequente Kontrollen und eine effektive internationale Zusammenarbeit. Zusammen mit meinem sozialdemokratischen Kollegen werde ich die Delegation des EU-Parlaments für die COP 20 leiten und diese Positionen dort einbringen.

 

Illegaler Handel mit Wildtieren bedroht Artenvielfalt und begünstigt Zoonosen

Der weltweite illegale Handel mit Wildtieren ist ein milliardenschweres Geschäft – und eine große Bedrohung für die Artenvielfalt. Gleichzeitig ist der Wildtierhandel aber auch eine Gefahr für unsere eigene Gesundheit. Zoonosen, also Krankheiten, die zwischen Tieren und Menschen übertragen werden, entstehen und verbreiten sich dort, wo der Mensch zu tief in natürliche Systeme eindringt. Das haben uns SARS, Ebola und COVID schmerzhaft vor Augen geführt. Deshalb müssen wir den Wildtierhandel insgesamt angehen, um die Artenvielfalt nicht zu gefährden. CITES spielt eine zentrale Rolle dabei. Was den meisten nicht bewusst ist: Unter allen Säugetieren dieser Welt gibt es, der Biomasse nach, mittlerweile 15-mal so viele Nutztiere wie Wildtiere. Es gilt also, keine Zeit zu verlieren. Die CITES-Vertragsstaaten müssen entschlossener und schneller gegen das dramatische Artensterben vorgehen.
Wenn es um die Stärkung von CITES geht, muss die EU auch vor der eigenen Türe kehren: Zollbehörden brauchen mehr Ressourcen für eine bessere Kontrolle. Wir müssen viel mehr digitalisieren, etwa bei der Ausstellung und Kontrolle von CITES-Dokumenten. Wir brauchen eine systematische Erfassung von Daten und einen besseren Datenaustausch zwischen den Mitgliedsstaaten, auch von abgelehnten Importanträgen. Das würde nebenbei Kosten sparen. Neue Risiken, die etwa aus dem rasant wachsenden Onlinehandel entstehen, müssen angegangen werden. Zum Schutz der Artenvielfalt und zu unserem eigenen Schutz benötigen wir nicht zuletzt eine Liste von Tieren, die in der EU gehalten werden dürfen – eine sogenannte Positivliste. Ich erinnere nur an die Evakuierung eines ganzen Miethauses, weil eine hochgiftige Schlange, die nicht hätte gehalten werden dürfen, entflohen war.

 

Wissenschaftlich fundierte Positivliste vonnöten

Deshalb fordere ich die Einführung einer wissenschaftlich fundierten, EU-weiten Positivliste von Tieren, die unter angemessenen Tierschutzbedingungen als Heimtiere gehalten werden dürfen, ohne den Populationen in freier Wildbahn und der biologischen Vielfalt in Europa zu schaden.
Bislang sind die Rechtsvorschriften zum Handel mit bzw. zum Besitz von wild lebenden und exotischen Tieren in den EU-Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich – einige Tiergruppen werden bei den bisherigen Rechtsvorschriften gar nicht berücksichtigt. Die Einführung einer EU-einheitlichen Positivliste kann hier klare Regeln schaffen.
In der EU haben bereits zehn Länder die Einführung einer Positivliste beschlossen, darunter Frankreich, Belgien und die Niederlande. Wir brauchen aber eine EU-einheitliche Regelung und eine verbindliche Positivliste auch für Drittstaaten. Diese Forderung werde ich ebenfalls in die Verhandlungen zur COP 20 einbringen.
Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Themen, die bei der COP 20 angegangen werden müssten. So erfordert etwa der weiterhin existierende Schmuggel von Elfenbein noch härtere Maßnahmen, weil nicht alle geltenden Regeln verbindlich sind. Ebenso müssen Haie besser geschützt werden.
Denn der Schutz der Tiere und der Wälder ist eine Win-win-Situation für die ganze Welt. Wir müssen einen Markt rund um intakte Ökosysteme schaffen, anstatt Tiere zu töten. Das gilt ebenso für die Koexistenz mit wild lebenden Tieren in unseren heimischen Gefilden: Wir müssen die Leistung dieser Tiere für die Artenvielfalt mehr wertschätzen.
Die CITES-Konferenz beginnt am 24. November. Mit einer mündlichen Anfrage an die Kommission, die ich als Co-Berichterstatterin zusammen mit anderen Abgeordneten aus dem Ausschuss eingereicht habe, wollten wir wissen, welche zentralen strategischen Ziele die EU auf der bevorstehenden Konferenz verfolgt. So konnten wir für das Thema zusätzliche Öffentlichkeit schaffen und für möglichst ambitionierte Ziele werben.

 

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