Blick auf das Dorf Rubi, ein Ortsteil der Oberallgäuer Marktgemeinde Oberstdorf – Foto: Michael Finger

Kommunalpolitik

„Ich habe viele Debatten angestoßen“

Die Marktgemeinde Obersdorf liegt im schwäbischen Landkreis Oberallgäu, ist die südlichste Gemeinde Deutschlands, lebt vor allem vom Tourismus und hat 9.000 Einwohner. In ihrem 20-köpfigen Gemeinderat sitzt 1 ÖDPler.

Interview mit Michael Finger

 

ÖkologiePolitik: Herr Finger, wie setzt sich Ihr Gemeinderat zusammen?

Michael Finger: Der wird von der CSU mit 7 Mandaten – inklusive Bürgermeister – und den Freien Wählern mit 5 Mandaten dominiert. Ich als ÖDPler kam über die Liste der Grünen rein.

Warum über die Liste der Grünen?

Für eine eigene Liste ist die ÖDP in Oberstdorf inzwischen zu klein. Früher war das noch anders, da hatten wir eine. Heute nicht mehr. Es kommen zu wenig Junge nach. Die gehen lieber zu einer der anderen Parteien. Zu einer von denen, die gerade in Mode sind und stärker polarisieren. Oder zur CSU oder zu den Freien Wählern, wenn sie eine politische Karriere machen wollen. Weil wir als ÖDP mit keiner eigenen Liste antraten, war ich natürlich froh, als mich die Grünen einluden, auf ihrer Liste zu kandidieren – und sagte gerne zu.

Wieso laden die Grünen einen ÖDPler ein?

Weil ich in unserer Gegend durch mein umwelt- und kommunalpolitisches Engagement sehr bekannt bin. Weil ich ein gutes Verhältnis zu den Bürgerinnen und Bürgern habe. Und weil ich einfach ein bunter Hund bin.

Wie ist es, einer Fraktion der Grünen anzugehören?

Das klappt gut. Wir sind zu dritt: zwei Frauen der Grünen und ich. Natürlich kann ich keine Alleingänge machen, sondern muss mich vorher mit ihnen absprechen. Aber das wäre bei einer ÖDP-Fraktion nicht anders gewesen. Alleingänge bringen nichts, bringen keine stabilen Lösungsansätze. Um etwas zu bewirken, muss man viel reden. Hinter den Kulissen. Und das tue ich.

Was haben Sie in der aktuellen Legislaturperiode erreicht?

Wir haben einen kostenfreien ÖPNV für unsere Gäste eingeführt. Und für unsere Bürgerinnen und Bürger eine „Bürgerkarte“. Die heißt seit diesem Jahr „DaheimPass und MobilPass“, kostet für Erwachsene 260 Euro und beinhaltet neben dem ÖPNV auch Bergbahnen, Bäder, Museen, die Breitachklamm und Ermäßigungen bei vielen Sportveranstaltungen. Ich persönlich habe viele Debatten angestoßen. Das ist mir sehr wichtig. Ohne Debatten keine Veränderung.

Was für Debatten haben Sie angestoßen?

Eine über Overtourismus beispielsweise. Der Tagestourismus nimmt bei uns überhand. Die meisten Touristen kommen mit dem eigenen Auto. Und die Gemeinde soll für ausreichend Parkplätze sorgen. Deren Errichtung ist aber teuer und die daraus resultierenden Einnahmen sind überschaubar. Parken ist meiner Meinung nach viel zu billig. Das Geld, das wir in Parkplätze investieren, fehlt anderswo: z. B. bei der Errichtung bezahlbaren Wohnraums. Oder bei der Schulsanierung. 3 Schulen haben wir in Oberstdorf, davon müssen 2 – die Mittelschule und das Gymnasium – dringend saniert und modernisiert werden. Das halte ich für sehr wichtig – für unsere Kinder und für den Ort, damit die Kinder später nicht wegziehen, weil ihnen die Bindung zum Ort fehlt.

Was für Anliegen haben Sie noch?

Das Thema „Wasser“ ist mir noch wichtig. Wasser ist ein Gemeingut, gehört also allen – und deshalb darf seine Nutzung nicht privatisiert werden. Und wenn doch, wie das z. B. durch Wasserkraftwerke passiert, dann muss ein Teil des damit erwirtschafteten Gewinns den Bürgern zugutekommen.

Das ist jetzt aber eher ein landespolitisches Thema, oder?

Ja, aber die Debatte darüber muss auf lokaler Ebene beginnen. Die muss jemand anstoßen und so lange am Laufen halten, bis sie zu einem Ergebnis führt. Das ist die Chance, etwas zu verändern. Deshalb rede ich und rede ich und rede ich.

Herr Finger, herzlichen Dank für das interessante Gespräch.

 


 

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