Soll das Haus länger brennen, weil das Löschen als unangenehm empfunden wird? – Foto: Beeki/pixabay.com

Kompass Orange

Lieber später

„Die Feuerwehr möge bitte etwas später kommen und einen Umweg nehmen. Es ist den Inwohnern des brennenden Hauses derzeit noch nicht recht angenehm, mit Löschmitteln und dem Verlassen des gewohnten Umfeldes konfrontiert zu sein.“

Solche etwas absonderliche Gedanken drängen sich auf, wenn man das Ergebnis der Vorbereitungskonferenz der EU-Länder vor der anstehenden Weltklimakonferenz in Rio betrachtet. Um überhaupt eine gemeinsame, europäische Position einnehmen zu können, wurde kräftig abgeschliffen. Formal bleiben die Ziele wie sie sind. Aber ein Teil der in der EU entstehenden Emissionen soll bequemerweise andernorts kostengünstig „reduziert“ werden. Das ist ein bekannter Trick aus der Greenwashing-Kiste: Ob wirklich in XY-Land ein alter Kohlemeiler stillgelegt wurde, ein Baum gepflanzt und ein Moor rückvernässt wurde, ist schwer zu überprüfen.

Viel problematischer ist aber der Beschluss, dass sofort wirkende Besserungen weiter nach hinten verschoben werden: Die Bepreisung des CO2-Ausstoßes im Verkehrs- und Wärmebereich soll jetzt in der gesamten EU erst 2028 beginnen. „Hallo 112-Leute, lasst euch bitte Zeit! Es brennt zwar schon ziemlich heftig – aber später ist der Einsatz vielleicht einfacher, wenn es nicht mehr so viel zu löschen gibt!“

Man verzeihe mir den sarkastischen Ton. Die Bepreisung des CO2-Ausstoßes ist das anerkannt wirksamste Mittel, mit dem auf marktwirtschaftlichem Weg klimarettende Neuerungen eingeleitet und auf breiter Basis durchgesetzt werden können. Die Einnahmen aus dem Verkauf der CO2-Zertifikate fließen auf der EU-Ebene in den „Klima-Sozial-Fond“. Mit diesen Mitteln werden Kleinstunternehmen und bedürftige Verbraucherinnen und Verbraucher beim Umstieg auf klimafreundlichere Heizungen und Verkehrsmittel unterstützt.

Die Verzögerung der CO2-Bepreisung im Wärme- und Verkehrsbereich in der gesamten EU ist deshalb doppelt schädlich: Es fehlt der Anreiz, Unwillige durch steigende Preise am fossilen Weg zweifeln zu lassen. Und es fehlen die Mittel, den Gutwilligen wirksam beizustehen.

 


 

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