Friedrich Merz bei seiner Vereidigung zum Bundeskanzler am 6. Mai 2025. – Foto: Thomas Imo/Bundestag

Kompass Orange

Versprochen – gebrochen!

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Eines der gefährlichsten Urteile über demokratische Akteure ist der Vorwurf: „Wahlversprechen werden nicht gehalten!“ Die aktuelle Bundesregierung ist bekanntlich sehr schnell in diese Grube gestürzt, die sich – man muss es leider sagen – Kanzler Merz als Kanzlerkandidat selbst sehr tief gegraben hat. Er hat Treue zur „Schuldenbremse“ angekündigt – und gleich nach der Wahl wurde dann das größte Schuldenpaket der Geschichte geschnürt. So wurde den Populisten auf dem Silbertablett serviert, was ihnen neue Wähler zutreiben kann: „Versprochen – gebrochen!“

Mir geht es hier nicht darum, die Probleme zu leugnen, die derzeit gewaltige Ausgaben erfordern. Da von der CDU/CSU in FDP-Manier Steuererhöhungen ausgeschlossen wurden (und immer noch werden), bleibt nur die Wahl zwischen Nichtstun und Verschuldung. Die von Merz bevorzugte dritte Möglichkeit – Abbau von Sozialleistungen – kann nie und nimmer genug Mittel freisetzen, um Verteidigungslasten und Sanierung der Infrastruktur zu finanzieren.

Wer sich durch unrealistische Wahlversprechen selbst fesselt landet in der Populisten-Grube: „Seht, sie halten sich nicht an ihre Zusagen, man kann ihnen nicht trauen, sie lügen uns an.“

In Zeiten wie diesen, in denen demokratische Parteien nur noch in Koalitionen eine Regierung bilden können, müssen Wahlkämpfe völlig anders geführt werden: Man muss die anstehenden Probleme klar benennen und die eigenen Lösungsideen beschreiben. Man muss aber schon vor der Wahl klar und deutlich sagen, dass die Wege zur Problemlösung in demokratischer Partnerschaft mit anderen nach der Wahl ausgehandelt werden müssen.

Das klingt vielleicht ein wenig idealistisch. „Politik und Wahlkämpfe sind keine Volkshochschulkurse“, kann man mir entgegenhalten. Ich bleibe dabei: Wer die Wählerschaft nicht ernst nimmt, wer die Realitäten und Schwierigkeiten der repräsentativen Demokratie nicht mit den Menschen erörtert, gefährdet das wichtigste Gut politischer Akteure: das Vertrauen.

 


 

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