Naturnahe Oderaue mit Altarm, im Hintergrund das trockengelegte Oderbruch – Foto: Sascha Maier

Umwelt & Klima

Gewässer: EU-Rahmenrichtlinie endlich umsetzen!

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Mit ihrer Wasserrahmenrichtlinie verpflichtete die EU ihre Mitgliedsstaaten, ihre Gewässer bis 2027 in einen guten Zustand zu bringen und deren Robustheit zu stärken. Umfangreiche Maßnahmenprogramme wurden konzipiert, aber bislang kaum umgesetzt. Im Sommer 2022 zeigte sich deren Wichtigkeit und Dringlichkeit bei der Umweltkatastrophe an der Oder.

von Sascha Maier

 

Neben der Klima- und Biodiversitätskrise gehört die zunehmende Wasserkrise zu den großen Umweltbedrohungen. Zwar wurde in der Vergangenheit bereits auf die sich abzeichnenden Herausforderungen reagiert. Dies passierte z. B. in den USA mit dem Clean Water Act 1972, später dann in Europa mit der REACH-Verordnung zum Umgang mit Chemikalien, der Trinkwasserrichtlinie und der vor knapp 22 Jahren erlassenen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).

Die WRRL vereinheitlichte das europäische Gewässerschutzrecht, ist dessen Fundament und sieht ehrgeizige Zeithorizonte zur Verbesserung des Zustands der Gewässer vor. Jedoch wurden die Umsetzungsfristen bislang nicht eingehalten. Von den europäischen Flüssen und Seen weisen nur etwa 40 % einen guten ökologischen Zustand (oder gutes Potenzial) auf. In Deutschland sind es noch weniger und der gute chemische Zustand wird sogar flächendeckend verfehlt.

Niedrigwasser, Hochwasser und Fischsterben

Die letzten Jahre waren in Deutschland von Niedrigwasser, Hochwasser und schädlichen Einleitungen geprägt. Der Rhein als die Hauptwasserstraße des Landes war 2022 besonders von der Dürre betroffen und die Einschränkungen bei der Binnenschifffahrt fanden bundesweite Beachtung. Doch wie schon 2018 waren auch dieses Jahr mehrere Flussgebiete Mitteleuropas durch lange Niedrigwasserphasen bestimmt.

Wie groß die Herausforderungen beim vorsorgenden Hochwasserschutz sind, belegen die Flut-Jahrestage: 1 Jahr Ahr und Erft, 20 Jahre Elbe, 25 Jahre Oder. Nach der Oder-Flut 1997 erklärte der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl, dass Flüssen mehr Raum gelassen werden müsse, andernfalls holten sie sich ihn mit schlimmen Folgen für die Menschen zurück. Dennoch blieben größere Deichrückverlegungen bundesweit aus, was bei der Elbe-Flut 2002 besonders den Osten Deutschlands traf.

Mit dem Massensterben von Fischen, Muscheln und anderen Weichtieren im Sommer 2022 in der Oder kam es zu einer Umweltkatastrophe, deren indirekte Ursache ein sprunghaft gestiegener Salzgehalt war. Industrielle Einleitungen von Salzen und Nährstoffen in Verbindung mit lang anhaltendem Niedrigwasser sowie hohen Temperaturen führten zu einer massiven Vermehrung einer für Fische und andere Tiere giftigen Brackwasseralge.

Bislang ist unklar, wie die Alge in die Oder kam, aber es muss vermieden werden, dass sie sich in Flüssen wie Werra oder Elbe ausbreitet. Gerade in der Werra ist der Salzgehalt aufgrund von Einleitungen aus dem Kalibergbau seit Jahrzehnten zu hoch. Vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen sind Einleitungsgenehmigungen von Chemikalien und salzhaltigem Wasser unabhängig von den Abflussmengen dringend zu stoppen und grundsätzlich zu überprüfen.

Überschwemmungen oder Dürren können durch den Klimawandel je nach Region und Jahreszeit häufiger vorkommen. Zwar hat in Deutschland der Niederschlag insgesamt zugenommen. Aber der Anstieg verteilt sich nicht gleichmäßig über das Jahr, die Winter werden feuchter, die Sommer trockener, Starkregen wird häufiger. Direkte Eingriffe in den Wasserhaushalt oder eine entsprechende Landnutzung sind weitere Ursachen für die Wasserverfügbarkeit.

Maßnahmen zu mehr Resilienz unserer Flüsse

Mit der Klimakrise steht die Wasserwirtschaft vor gewaltigen Herausforderungen. Die Bundesregierung möchte bis Ende 2022 ihre Nationale Wasserstrategie mit einem ganzheitlichen Ansatz und einem umfangreichen Maßnahmenpaket verabschieden. Die Klimakrise macht es dringend erforderlich, dass wir unsere Flüsse durch die verschiedenen Nutzungen nicht überbeanspruchen und mit einem umfangreichen Aktionsprogramm gegensteuern.

Genehmigte Einleitungen oder verkehrlicher Ausbau der Flüsse, wie aktuell für Elbe, Oder und Rhein vorgesehen, müssen dringend auf den Prüfstand. Ohne ein präventives Vorgehen kann Fischsterben auch an anderen Flüssen vermehrt auftreten. Selbst wenn Maßnahmen in der Gewässerbewirtschaftung personal- und kostenintensiv sind, wird bei der Wasserstrategie mit einer Umsetzungsperspektive bis 2050 das klare Stoppschild der WRRL überfahren.

Deren Zielvorgaben dürfen jedoch nicht weitere 20 Jahre hinausgezögert werden, sondern müssen ambitioniert umgesetzt werden. Das würde die Widerstandsfähigkeit unserer Flüsse stärken und den Schutz vor Hoch- und Niedrigwasser verbessern. Denn diverse und resiliente Ökosysteme reagieren besser auf Belastungen und Veränderungen.

 


Onlinetipps

Umweltbundesamt (Hrsg.)
Die Wasserrahmenrichtlinie
Gewässer in Deutschland 2021 – Fortschritte und Herausforderungen
September 2022
www.t1p.de/fq6qb

Bund Naturschutz Deutschland
Die Wasserrahmenrichtlinie
Gewässerschutz von der Quelle bis zur Küste
www.t1p.de/7t2k4


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